Psychotherapie
Personzentrierte Psychotherapie nach Carl R. Rogers“
„Pca – person centered approach“
Die Personzentrierte Haltung ist eine Art und Weise des Seins.
“Die personzentrierte Haltung ist primär eine Art und Weise des Seins, die ihren Ausdruck findet in Einstellungen und Verhaltensweisen, die wachstumsförderndes Klima schaffen. Sie ist mehr eine basale Philosophie als nur eine Technik oder eine Methode. Wenn diese Philosophie gelebt wird, hilft sie der Person, die Entwicklung ihrer Fähigkeiten zu erweitern.“ (Carl Rogers, 1982:76))
Der Ansatz wurde in den USA in den 40-er Jahren von dem Psychologen Carl Rogers entwickelt. Der Begriff ist eine Übersetzung des englischen „personcentered approach“. Genau übersetzt bedeutet er „Personzentrierte Annäherung, Herangehensweise oder Zugang“. Der Begriff „approach“ soll ausdrücken, dass vor allen Dingen personzentrierte Einstellungen und Verhaltensweisen zu positiven Wirkungen in Beratung, Therapie und vielen anderen professionellen Beziehungen führen
"Jeder Mensch hat die Kraft für Wachstum und positive Veränderung.
Das Vertrauen in diese Kraft ist eine personzentrierte Grundeinstellung. "
Rogers stellt in das Zentrum seines Ansatzes jene Prozesse, die der Erhaltung sowie der (adaptiven)Entfaltung des Lebens dienen. Leben trägt immer das Potential von Wachstum und Entwicklung in sich. Diese Tendenz bezeichnet Rogers als „Aktualisierungstendenz“. Mit diesem Begriff beschreibt er die Entwicklungsdynamik alles Lebendigen.
Die Aktualisierungstendenz ermöglicht Problemlösung, Wachstum und positive Veränderungen. Kennzeichnend für den Personzentrierten Ansatz ist das Vertrauen in diese Fähigkeit des menschlichen Organismus und das Vertrauen in eine jedem Menschen innewohnende Kraft, sich konstruktiv zu verändern. Diese Annahme gilt grundsätzlich auch für Gruppen und Organisationen.
Ziel des Personzentrierten Ansatzes ist es, Beziehung so zu gestalten, dass das Individuum diese Kraft freisetzen kann. Der Personzentrierte Ansatz unterstützt Menschen darin, gegenwärtige und künftige Probleme eigenständig bewältigen zu können. Diese konsequente Entwicklungs- und Ressourcenorientierung ist eine besondere Qualität des Personzentrierten Ansatzes.
"Die Persönlichkeit entwickelt sich in der Spannung gegensätzlicher Bedürfnisse: dem Bedürfnis nach Bindung und Kontakt und dem Bedürfnis nach Freiheit und Eigenständigkeit."
Der Mensch ist ein eigenständiges und unverwechselbares Individuum und zugleich auf Beziehung zu anderen Menschen angewiesen. Jeder Mensch trägt in sich die Kraft, sich aus sich selbst heraus zu entwickeln. Er ist aber gleichzeitig auf Bindung angewiesen, damit diese Entwicklung tatsächlich stattfinden kann.
"Unter günstigen Bedingungen entwickelt sich der Mensch zu einer autonomen, selbstverantwortlichen und sozialen Persönlichkeit. "
Der Mensch strebt nach Unabhängigkeit von äußerer Kontrolle. Er entwickelt unter positiven Wachstumsbedingungen ein aktives Selbst, das zunehmend die Verantwortung für das eigene Leben übernehmen kann. Durch Beziehungsangewiesenheit und Beziehungsoffenheit entwickelt sich zugleich eine soziale Verantwortlichkeit.
Rogers spricht vom Ideal einer reifen Person (fully functioning person), die konstruktive Beziehungen eingehen und gestalten kann. Das Ideal beinhaltet sowohl Erfahrungsoffenheit, Unabhängigkeit von kulturellen Erwartungen, Entwicklung zur Selbstbestimmung, Selbstvertrauen und Selbstverantwortung, als auch Offenheit, Akzeptanz und Einfühlungsvermögen für ein Gegenüber.
Personzentrierte Begleitung als „Hilfe zur Selbsthilfe“ fördert die Selbstbestimmung.
Personzentrierte Beziehung schafft Kooperation und Dialog.
Der Personzentrierte Ansatz beschreibt die Qualitäten zwischenmenschlicher Beziehungen, die Wachstum und Veränderung fördern. Rogers hat sich intensiv mit der Praxis von Beratung und Therapie beschäftigt und hat in seinem Werk Grundqualitäten von professionellen, die Persönlichkeit fördernden Beziehungen beschrieben. Sie sind in all den professionellen Bereichen von Belang, wo das Gelingen von Kontakt und Kommunikation wichtig für die Qualität der Arbeit ist. Mit personzentrierter Kommunikation verbessert sich das Arbeitsklima, Beziehungen gestalten sich produktiv und konstruktiv und Konflikte lassen sich vermeiden oder lösen.
Hilfestellung zur Veränderung geschieht durch ein Beziehungsangebot, das von notwendigen und hinreichenden Bedingungen gekennzeichnet ist. Die Gestaltung von Beziehung beruht auf Grundeinstellungen und Verhaltensweisen, deren Merkmale als Akzeptanz, Empathie und Kongruenz beschrieben werden.
“Nach meiner Erfahrung geschieht Außerordentliches, wenn ein von Glaubwürdigkeit, Achtung und Verstehen geprägtes Klima geschaffen wird. In einem solchen Klima wird Starrheit zu Beweglichkeit, statisches Beharren zur Entwicklung, Abhängigkeit zu Autonomie, Vorhersagbarkeit zu spontaner Kreativität, Abwehrhaltung zu Selbstannahme und Selbstverwirklichung.“ (C. Rogers)
Veränderung wird möglich, wenn Menschen ein Mindestmaß dieser Bedingungen wechselseitig wahrnehmen können.
Merkmale der Beziehung: Akzeptanz – anerkennen, achten
„Akzeptieren heißt hier ein warmherziges Anerkennen dieses Individuums als Person von bedingungslosem Selbstwert. ... das bedeutet Respekt und Zuneigung, eine Bereitschaft, ihn seine Gefühle auf seine Art haben zu lassen.“
(C. Rogers 1973:47)
Es ist ein Grundbedürfnis des Menschen akzeptiert und anerkannt zu werden, positive Resonanz zu erfahren und verstanden zu werden. Anerkennung wirkt als Bestätigung und Ermutigung und mobilisiert die Ressourcen der KlientIn.
Als Akzeptanz wird die Bereitschaft bezeichnet, alles was mir in einer anderen Person begegnet, an zu nehmen, wie es ist. Die Botschaft lautet: „Ich kann alle deine Äußerungen annehmen, weil sie Bestandteil von Dir sind, so wie Du bist.“ Das Verhalten des Gesprächspartners bezieht sich auf den subjektiv-emotionalen Anteil, nicht auf den inhaltlichen Anteil der Kommunikation. Es geht nicht um inhaltliche Zustimmung; unterschiedliche Ansichten beeinträchtigen nicht die Grundhaltung.
Akzeptanz ist die Voraussetzung für „eine Begegnung mit dem Unbekannten“ in anderen Menschen, für die Offenheit und das Interesse, wirklich etwas Neues kennen zu lernen.
Empathie – einfühlend verstehen
"Empathie bedeutet, sich in die innere Welt des Gegenübers (Gedanken, Bedeutungen, Gefühle) einzufühlen und diese wie von innen heraus zu verstehen."
Mit Empathie ist es möglich, sich auf eine Weise in die Gedanken- und Erfahrungswelt der anderen Person hineinzuversetzen, dass Gesagtes aus der Perspektive dieser anderen Person verstanden werden kann.
Rogers ging davon aus, dass jeder Mensch in einer „eigenen Welt“ lebe: „ Die Welt der Erfahrung ist für jedes Individuum in einem sehr bedeutungsvollen Sinne eine private Welt.“ (Rogers 1983:419) Wie Erfahrungen wahrgenommen werden, ist individuell verschieden. Und: „ Diese Wahrnehmung ist für mich Realität.“ (a.a.O. 420) Das Verhältnis von Wahrnehmung und Realität ist vergleichbar mit dem Verhältnis einer Landkarte zu dem Gebiet, das sie abbildet. „Wir leben nach einer wahrnehmungsmäßigen Landkarte, die nie die Realität selbst ist.“ (a.a.O. 420) So kann eine andere Person nie so genau wie die betreffende wissen, wie die Erfahrung wahrgenommen wurde.
„Der beste Ausgangspunkt zum Verständnis des Verhaltens ist das innere Bezugssystem des Individuums selbst.“
„Empathie bedeutet, dass man die private Wahrnehmungswelt des anderen betritt und völlig in ihr heimisch wird. Empathie schließt ein, dass man empfindsam ist, von Augenblick zu Augenblick, gegenüber sich verändernden gefühlten Bedeutungen, die in dieser anderen Person fließen, gegenüber der Furcht, der Wut, der Zärtlichkeit, der Verwirrung oder was immer sie gerade fühlt. Empathie meint, eine Zeitlang in ihrem Leben zu leben, sich in ihm feinfühlig zu bewegen, ohne Urteile zu fällen, ..... Mit einem anderen Menschen in dieser Weise zusammen zu sein, bedeutet, für diese Zeit die Ansichten und Wertungen beiseite zu legen, die man für sich selbst hat, um in die Welt des anderen ohne Vorurteil eintreten zu können. ..... Vielleicht macht diese Beschreibung klar, dass empathisch zu sein eine komplexe, fordernde, harte, aber zugleich auch subtile und sanfte Art des Umgangs (way of being) ist.“ (C. Rogers1980: 79)
Echtheit
Echtheit oder Kongruenz meint im Personzentrierten Ansatz die Übereinstimmung von
- Innerem Erleben (was in mir vorgeht) mit
- Der bewussten Wahrnehmung dieses Erlebens (Was ich davon spüre) mit
- Dem Ausdruck (was ich davon ausdrücke).
Diese „Stimmigkeit“ ermöglicht es, sich im Kontakt mit anderen als unverfälschte und ursprüngliche Persönlichkeit zu zeigen. Es geht bei dieser Grundhaltung nicht darum, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die für die Beratungssituation relevanten Aspekte des eigenen Erlebens mitzuteilen. Dabei handelt es sich lediglich um persönliche Rückmeldungen, keinesfalls um Objektivität beanspruchende Feststellungen.
In der Begegnung von Person zu Person sieht Rogers einen bedeutsamen Faktor für konstruktive Beziehungen. Beschrieben ist die positive Wirkung, wenn sich Helfende nicht als distanzierte Experten, sondern als transparente, echte, authentische, gegenwärtige Personen einbringen.
„Ein solcher Ansatz schließt ganz grundsätzlich jedwedes Selbstverständnis des Therapeuten und der Therapeutin oder des Helfers oder der Lehrerin usw. als eines Experten für die Probleme oder Person seines Partners in Beratung, Therapie, Erziehung, Supervision oder welcher hilfreichen Beziehung auch immer aus; es schließt auch aus, dass sich der Therapeut selbst als einen Fachmann für den richtigen Einsatz von Methoden und Mitteln versteht, ja es schließt jeden vorgeplanten und nicht aus der unmittelbaren Beziehungserfahrung erwachsenden Einsatz von Methoden und Techniken überhaupt aus. Denn das einzige „Mittel“ oder „Instrument“, das zum Einsatz kommt, ist die Person des Therapeuten selbst..... Das Expertentum besteht, wenn man schon will, gerade darin, auch gegen die Wünsche des Klienten, dem Versuch zu wehren, sich als Experte zu gebärden, das heißt, sich über Schwierigkeiten mit Techniken hinwegzuhelfen, statt sich ihnen als Person zu stellen.“ (Schmid 1997:16)